Der Ehevertrag: Wann er sich lohnt, welche Vorteile er bringt

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Längst sind die Zeiten vorbei, in denen nur Prominente und Wohlhabende einen Ehevertrag abschließen. Auch viele „Normalbürger“ entscheiden sich für das Vertragswerk, das wichtige Regelungen für die Ehe, aber in erster Linie auch für eine mögliche Scheidung, enthält.

Der Ehevertrag – Historischer Kontext

Ursprünglich wurde der Ehevertrag vom Gesetzgeber geschaffen, um die Rechte der Frau zu stärken und sie vor dem sozialen Fall zu bewahren. In der alten Bundesrepublik war es viele Jahrzehnte selbstverständlich, dass der Mann das Geld verdiente und sich die Frau – sobald der Nachwuchs auf der Welt war – um den Haushalt und die Kindererziehung zu kümmern hatte.

Meist kehrten die Frauen später dann nicht mehr oder nur in eingeschränktem Rahmen, wieder in den Job zurück. Und während die Frauen keiner (bezahlten) Beschäftigung nachgingen, machte so manch ein Ehegatte in dieser Zeit Karriere, häufte ein Vermögen an – und konnte sich so eine stattliche, sichere Altersversorgung aufbauen. Jedoch natürlich zu Lasten der Ehepartnerinnen, die, falls es zu einer Scheidung kam, am Ende mit leeren Händen dastanden.

Ursprünglich wurde der Ehevertrag vom Gesetzgeber geschaffen, um die Rechte der Frau zu stärken und sie vor dem sozialen Fall zu bewahren. (#01)

Ursprünglich wurde der Ehevertrag vom Gesetzgeber geschaffen, um die Rechte der Frau zu stärken und sie vor dem sozialen Fall zu bewahren. (#01)

Den sozialen wie finanziellen Abstieg der Ehepartnerinnen für den Fall einer Scheidung zu verhindern – dies war das primäre Anliegen, wieso der Ehevertrag geschaffen wurde. Der Staat sah es als unbedingt erforderlich an, Aspekte wie den Güterstand, Unterhalt, den Zugewinn- sowie den Versorgungsausgleich, gesetzlich zu regeln. Zwar sind die Zeiten der klassischen, traditionellen „Hausfrauen-Ehe“, bei der die Frau einzig für Kind und Küche zu sorgen hat, längst vorbei.

Dennoch sind der Grundgedanke sowie der Sinn und Zweck, die hinter dem Ehevertrag stehen, aktueller denn je und haben nichts an Dringlichkeit und Bedeutung eingebüßt. Gerade auch in unserer heutigen Zeit. Einer Zeit, in der sich „moderne“ und „zeitgemäße“ Formen der Ehe etabliert haben, heißt: viele Frauen wollen auf die eigene Karriere nicht mehr länger verzichten.

Kurze Unterbrechungen der beruflichen Tätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung sind keine Seltenheit mehr, oft kehren die Frauen nach kurzer Zeit wieder in den Beruf zurück.

Nicht romantisch aber sinnvoll: über den Ehevertrag nachzudenken, lohnt

Natürlich mag es dabei für manch einen vielleicht paradox und wenig romantisch anmuten, schon kurz vor der Hochzeit an eine mögliche Trennung zu denken. Dennoch gibt es viele Beispiele, in denen es tatsächlich ratsam ist – sicherheitshalber und für den Fall der Fälle – einen Ehevertrag aufzusetzen.

Einen Vertrag, der die wichtigsten Fragen zum im Laufe der Ehe angehäuften Vermögen, Güterstand oder auch der

Kommt daher eines Tages einer der Partner mit dem Vorschlag um die Ecke, einen Ehevertrag abzuschließen oder zumindest über diese Möglichkeit einmal nachzudenken, sollte man nicht gleich von vornherein mit Ablehnung reagieren.

Kommt daher eines Tages einer der Partner mit dem Vorschlag um die Ecke, einen Ehevertrag abzuschließen oder zumindest über diese Möglichkeit einmal nachzudenken, sollte man nicht gleich von vornherein mit Ablehnung reagieren.

Verteilung etc., regelt. Natürlich besteht aber auch die Möglichkeit, noch nach der vollzogenen Eheschließung, einen Ehevertrag abzuschließen. Und selbst ganz ohne diesen, ist die Ehe für die Ehegatten bei weitem kein rechtsfreier Raum.

Im deutschen Recht bzw. Bürgerlichen Gesetzbuch, sind die Regelungen z.B. zu Unterhaltsansprüchen, etwa wenn Kinder involviert sind, oder dem Versorgungsausgleich, klar und eindeutig festgeschrieben.

Die Mehrheit der Ehegatten in Deutschland, verlässt sich daher auch rein auf jene Regelungen, ohne einen Vertrag abzuschließen.

Dies ist sinnvoll und auch verständlich, wollen sich viele Ehepaare – inmitten der Nervosität und Vorfreude hinsichtlich des anstehenden großen Fests – nur ungern mit solch doch eher „trockenen“ Themen wie Gütertrennung oder Versorgungsausgleich, befassen.

Doch wie erwähnt existieren einige Fälle, bei denen es tatsächlich sehr ratsam ist, einen Ehevertrag aufzusetzen. Kommt daher eines Tages einer der Partner mit dem Vorschlag um die Ecke, einen Ehevertrag abzuschließen oder zumindest über diese Möglichkeit einmal nachzudenken, sollte man nicht gleich von vornherein mit Ablehnung reagieren.

In den allerwenigsten Fällen sind diese Äußerungen als Zeichen des Misstrauens und der mangelnden Zuneigung zu deuten. Sie zeugen eher davon, sich auf alle rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen sowie Eventualitäten ausreichend und adäquat vorzubereiten – und kostspielige, langwierige Streitigkeiten vor Gericht zu verhindern.

Ein großer Vorteil des Ehevertrages ist, dass die Ehegatten – nach §1408 BGB – eine ganze Reihe von individuellen Gestaltungsmöglichkeiten haben, die gesetzlichen Regelungen zu ändern und sogar komplett auszuschließen. Vorausgesetzt, sie haben einen von einem Notar beglaubigten Ehevertrag, abgeschlossen.

Wer einen Ehevertrag in Erwägung ziehen sollte

Das Wichtigste beim Ehevertrag: er muss notariell beglaubigt ein. Dies ist in § 1410 BGB geregelt. Aber: es ergeben sich für die Eheleute eben jene weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten, den Vertrag ein Stück weit an die

Natürlich mag es dabei für manch einen vielleicht paradox und wenig romantisch anmuten, schon kurz vor der Hochzeit an eine mögliche Trennung zu denken. (#03)

Natürlich mag es dabei für manch einen vielleicht paradox und wenig romantisch anmuten, schon kurz vor der Hochzeit an eine mögliche Trennung zu denken. (#03)

persönliche Situation sowie die eigenen Umstände anzupassen und individuelle Wünsche vom Notar berücksichtigen zu lassen.

Im Vorfeld der Unterzeichnung erfolgt ohnehin erste einmal die umfassende Beratung durch den Notar. Kein Ehevertrag wird letztlich abgeschlossen sowie beurkundet, solange die Ehegatten nicht ausführlich über ihre Rechte, Pflichten und die sich aus dem Vertrag möglicherweise ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen, aufgeklärt wurden.

Ist man sich ohne externe Hilfe und Betreuung über das einig, was im Ehevertrag geregelt werden soll, umso besser. Der Vertragsabschluss kann schneller erfolgen und obendrein spart man sich auch noch die Kosten für den Notar.

Ganz grundsätzlich empfehlen Rechtsexperten, Fachleute und (aus ihrer Erfahrung heraus) nicht zuletzt auch Notare, einen Ehevertrag u.a. in folgenden Fällen:

  • bei einer Ehe im hohen Alter
  • bei großem Altersunterschied der Ehegatten
  • wenn einer der Partner selbstständig ist oder Beide Unternehmer sind

Die häufigsten Gründe für einen Ehevertrag

Diese oben erwähnten Gründe treten in der Praxis natürlich immer wieder auf, dennoch gibt es noch drei weitere Fälle, die am häufigsten dazu führen, dass ein Ehevertrag abgeschlossen wird.

Kein Kinderwunsch und beruflich fest etabliert

Ein großer Vorteil des Ehevertrages ist, dass die Ehegatten – nach §1408 BGB – eine ganze Reihe von individuellen Gestaltungsmöglichkeiten haben. (#04)

Ein großer Vorteil des Ehevertrages ist, dass die Ehegatten – nach §1408 BGB – eine ganze Reihe von individuellen Gestaltungsmöglichkeiten haben. (#04)

In diesen Fällen ergeben sich für beide Seiten durch die Eheschließung keine Nachteile.

Die Partner sind beide beruflich gefestigt und finanziell vom Anderen unabhängig (sog. Doppelverdiener-Ehe).

Die beiden wichtigsten, im BGB festgeschriebenen Ausgleichsformen – der Zugewinn- und der Versorgungsausgleich – braucht man hier im Vertrag nicht unbedingt.

Im Falle einer Scheidung haben beide Seiten das Ziel, ohne spezielle Forderungen, vor allem finanzieller Natur, auseinanderzugehen. Deshalb kann hier ein Ehevertrag durchaus sinnvoll sein.

Unterschiedliche Nationalitäten

Besitzen die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, so ist zu klären, welches Recht bei einer Scheidung in Kraft treten soll. Ebenso, wenn z.B. deutsche Ehepartner im Ausland leben. Denn es gibt Staaten, etwa die USA, die immer IHR Recht anwenden und gar nicht darauf schauen, welche Nationalitäten die Partner bzw. sich Trennenden haben.

In Deutschland ist es so, dass – falls die Ehegatten unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten besitzen – immer das Recht jenes Landes gilt, in dem beide aktuell leben oder sie zuletzt gemeinsam gelebt haben.

Sich beträchtlich unterscheidende Vermögensverhältnisse

Die Motivation bzw. der Anstoß, einen Ehevertrag abzuschließen, kann hier von beiden Ehegatten herrühren bzw. ausgehen.(#06)

Die Motivation bzw. der Anstoß, einen Ehevertrag abzuschließen, kann hier von beiden Ehegatten herrühren bzw. ausgehen.(#06)

Ein Klassiker und einer der häufigsten Gründe, weshalb überhaupt ein Ehevertrag ausgehandelt wird – und auch ausgehandelt werden sollte. Die Motivation bzw. der Anstoß, einen Ehevertrag abzuschließen, kann hier von beiden Ehegatten herrühren bzw. ausgehen.

Einerseits schließt der wohlhabendere Partner aus, dass der Andere es nur auf das eigene Vermögen abgesehen hat und vorne herein auf nichts anderes als die Scheidung spekuliert.

Auf der anderen Seite beweist der weniger Wohlhabende mit dem Einverständnis zu einem Ehevertrag, dass diese Sorgen sowie Verdachtsmomente des Partners unbegründet sind und nicht der Realität entsprechen.

Die inneren Werte zählen – was im Ehevertrag geregelt sein muss

Einer der wichtigsten Punkte, den der Ehevertrag regeln sollte, ist der Güterstand. Regelungen dazu sind in nahezu allen Eheverträgen enthalten. Als „normaler“ Güterstand nach der Hochzeit gilt die Zugewinngemeinschaft, was bedeutet, dass alles während der Ehe angehäufte Vermögen, gleichermaßen unter den Ehegatten aufgeteilt wird.

Besitzen die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, so ist zu klären, welches Recht bei einer Scheidung in Kraft treten soll. (#07)

Besitzen die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, so ist zu klären, welches Recht bei einer Scheidung in Kraft treten soll. (#07)

Heutzutage nehmen die Verantwortlichen in einen Ehevertrag auch meist den Aspekt der Gütertrennung mit in das Vertragswerk auf. Gütertrennung meint: die Partner behalten nach der Scheidung das von ihnen in die Ehe eingebrachte Vermögen und haften nur für eigene Schulden.

Vertraglich kann zudem festgelegt werden, dass im Fall der Scheidung ein Zugewinnausgleich ausgeschlossen wird. Zu dieser Möglichkeit greifen nicht selten die finanziell und wirtschaftlich besser gestellten Partner, um den oder die Ex nach der Trennung nicht an dem Vermögen zu beteiligen, dass nur er allein in die Ehe eingebracht hat. Auch kann man nur bestimmte „Einzelposten“ und verschiedene Vermögenswerte vom Zugewinnausgleich ausnehmen lassen, so z.B. geerbtes Vermögen.

Sinn und Zweck hier: der durch das Erbe in Form von Zinsen angefallene Gewinn, verbleibt allein beim Erben. Bei einer Ehe zwischen Unternehmern, kann auch das Vermögen der Firma (Betriebsvermögen) vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden. Damit will man verhindern, dass das Unternehmen sowie dessen (Fort-) Bestand gefährdet werden.

Ein weiteres, wichtiges im Ehevertrag zu regelndes Thema ist der Versorgungsausgleich. Darunter versteht man den Ausgleich von sog. Rentenanwartschaftsansprüchen, die von den Ehegatten während der Ehe erworben wurden. Kommt es zur Scheidung, tritt der Versorgungsausgleich in Kraft – sofern im Ehevertrag keine anderen bzw. abweichenden Regelungen getroffen wurden. Es ist nämlich u.a. möglich, dass ein Partner bei der Trennung auf den Versorgungsausgleich verzichtet. Dies muss vorher aber natürlich im Vertrag niedergeschrieben worden sein.

Unterhaltszahlungen per Ehevertrag nach einer Scheidung auszuschließen, kann für beide Seiten dann sinnvoll sein. (#07)

Unterhaltszahlungen per Ehevertrag nach einer Scheidung auszuschließen, kann für beide Seiten dann sinnvoll sein. (#07)

Ein heißes Eisen im Ehevertrag – die Sache mit dem Unterhalt

Nach der Trennung kann es sein, dass ein Partner vom Anderen ungerechtfertigt oder überzogen hohe Unterhaltungsforderungen verlangt und diese vor Gericht durchzusetzen versucht. Oftmals geht es dabei um gemeinsame Kinder. Aber nicht nur bei Kindern, auch wenn einer der Ex-Partner, etwa wegen Krankheit oder aus Altersgründen, nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst und für seinen geregelten Lebensunterhalt zu sorgen, können solche Forderungen entstehen.

Um diese Streitigkeiten vor Gericht ausbleiben ist es möglich, die gesetzlich geltenden Regelungen zum Ehegattenunterhalt zu erweitern, zu ändern oder ganz auszuschließen. Wie viel ein Ex-Ehepartner dem Anderen nach der Scheidung an Unterhalt zu zahlen hat, hängt ganz allgemein von zwei Dingen ab: dem Lebensstandard während der Ehe und der finanziellen Situation der Ehegatten nach der Trennung.

Unterhaltszahlungen per Ehevertrag nach einer Scheidung auszuschließen, kann für beide Seiten dann sinnvoll sein, wenn die Ehegatten finanziell unabhängig, durch den Beruf abgesichert oder anderweitig sicher und ausreichend finanziell versorgt sind. Wichtig aber zu wissen: definitiv ausgeschlossen vom Ehevertrag ist der Verzicht auf den Trennungsunterhalt.

Der Trennungsunterhalt meint Unterhaltsleistungen für die Zeit zwischen der Trennung und der Scheidung, da oft noch viele Monate oder gar Jahre vergehen, bis sich die Getrennten endgültig scheiden lassen oder – aufgrund diversester Gründe wie etwa Krankheit – scheiden lassen können. Wird auf diese Pflichtleistung im Vertragswerk verzichtet, könnte der Ehevertrag ungültig sein.

Allerdings: er muss fair gestaltet, der Inhalt von beiden Partnern abgesegnet und notariell beglaubigt sein. Und: es dürfen die Unschuldigsten und Leidtragendsten überhaupt – die Kinder – durch den Vertrag nicht zu Schaden kommen. (#08)

Allerdings: er muss fair gestaltet, der Inhalt von beiden Partnern abgesegnet und notariell beglaubigt sein. Und: es dürfen die Unschuldigsten und Leidtragendsten überhaupt – die Kinder – durch den Vertrag nicht zu Schaden kommen. (#08)

Das gleiche gilt für den nachehelichen Unterhalt. Verzichtet die finanziell schlechter dastehende Seite auf den nachehelichen Betreuungsunterhalt, obwohl sie sich um die gemeinsamen Kinder kümmert, könnte der Ehevertrag ebenso seine Wirksamkeit einbüßen.

All diese erwähnten Fälle, Beispiele, Regelungen und Inhalte des Ehevertrags machen klar: ein Ehevertrag kann praktisch und hilfreich sein. Wesentliche Regelungen und Formalitäten können durch ihn bereits im Vorfeld klar und verbindlich geregelt werden.

Allerdings: er muss fair gestaltet, der Inhalt von beiden Partnern abgesegnet und notariell beglaubigt sein. Und: es dürfen die Unschuldigsten und Leidtragendsten überhaupt – die Kinder – durch den Vertrag nicht zu Schaden kommen. Dies kann dazu führen, dass man den Vertrag im Nachhinein für unwirksam erklärt.


Bildnachweis:© Fotolia-Titelbild: lisalucia-#01:dashamuller -#02:contrastwerkstatt-#03:Kzenon-#04:kostyazar -#05: kichigin19-#06: Gino Santa Maria-#07:drubig-photo-#08:dmitrimaruta_

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